Zweites Leben

 

Durch den Auszug aus dem Elternhaus begann mein Weg ins zweite Leben. Endlich frei sein, von dem was im Elternhaus passiert ist. Ich zog in ein Jugendwohnheim ein und hatte dort einen Wohnplatz für die nächsten 2 Jahre. Dort machte ich mein Fachabitur zu ende und konnte endlich ohne Angst in der Therapie reden über das was zu hause passiert ist. Natürlich hatte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht so wirklich die Ahnung, was alles passiert ist. Auch heute fast 3 Jahre nach dem Auszug aus dem Wohnheim, weiß ich dass immer noch neue Erinnerungen hoch kommen können.

 

Ich fing auch nach meinem Fachabitur durch die Bundesagentur für Arbeit eine außerbetriebliche Ausbildung zur Bürokauffrau an. Diese habe ich auch nach den 3 Jahren beendet und bin nun ausgebildete Bürokauffrau.

 

Als ich damals ausgezogen bin, hatte ich allerdings die ersten 1 ½ Jahre noch Kontakt zu meiner mutter und meiner Schwester und bin regelmäßig nach Hause gefahren, natürlich fast immer wenn er nicht da war. Zu dem Zeitpunkt wusste auch nur meine Schwester von dem was geschehen ist. Ich fuhr auch an Weihnachten immer zu ihnen, aber nur weil sich dann die ganze Familie dort versammelte und meine Großtante wusste und weiß bis heute von gar nichts und das soll auch so bleiben. Aber ich merkte immer, dass ich unerwünscht war und als es mir zu viel wurde, entschloss ich mich meinen Vater anzuzeigen. Mir war klar, dass dies das Verhältnis zu meiner Mutter kippen konnte und es kippte auch. Seit heute haben wir kaum Kontakt und reden nur bei meiner Therapeutin miteinander. Sie steht eher hinter ihm als hinter mir. Aber das hält mich nicht auf meinen Weg weiter zu gehen.

 

Die Anzeige ging schief, die Staatsanwaltschaft ließ die Anzeige fallen, aus dem Grund es stand Aussage gegen Aussage. Danach habe ich einen Opferentschädigungsantrag gestellt beim Landschaftsverband. Dieser läuft bis zum heutigen Tage noch, auch wenn die Aussichten auf Erfolg derzeit nicht gut sind.

 

Seit 2 Jahren wohne ich nun in meiner eigenen Wohnung werde betreut, weil es immer noch nicht so ist, dass ich ohne Hilfe leben kann. Seit gut 1 ½ Jahren hat es sich bei mir herausgestellt dass ich nicht alleine in mir drin bin, sondern ich bin viele. Es gibt viele verschiedene Persönlichkeiten mit denen ich mir meinen Körper und mein Leben teilen muss. Durch viel Selbstarbeit und Hilfe aus dem SKF Chat gewalt-los konnte ich schon einiges erreichen. Da meine Therapeutin derzeit noch nicht glaubt, dass wir viele sind. Aber sie wird es auch noch merken, wenn sich außer mir mal ein paar mehr trauen mit zur Therapie zu kommen.

 

Ich werde in längeren Abständen immer mal das wichtigste hier von meinem Kampf ins zweite Leben reinstellen.